Kalkofes letzte Worte
Geschnitten oder am Stück ?

Beim Metzger wird man wenigstens gefragt. Da kann man selbst entscheiden, ob man die tote Sau gern komplett oder in Scheibchen mit Pilzen und lustigen Clownsgesichtern haben möchte. Beim Fernsehen nicht. Da kriegt man fast alles nur noch in kleine Teile geschreddert vorgesetzt, voll fettig-sehniger Werbung, die man nicht mal ausspucken und an den Tellerrand legen kann. Okay, manch einer sagt, diese Produkt-Informations-Unterbrechungen seien überaus praktisch für die Befriedigung des Harndrangs oder für eine kurze Stuhlpflege, aber so oft, wie die heute in den durchschnittlichen Spielfilm gepumpt werden, gilt dies Argument nur noch für Konfirmanden mit Blasenentzündung oder für Leute mit einem Mega-Dünnschiß.

Was allerdings noch sehr viel schlimmer zu ertragen ist als alle 20 Minuten Steffi Grafs verschwundene Achselnässe im Kurzfilmformat, sind die dilettantischen Schnippeleien dümmlicher Redakteure. Früher kürzte man nur aus Gründen der Moral oder des Jugendschutzes und sah verblüfft: Na, es geht doch - die Handlung von Emmanuelle versteht man genausogut, wenn man die Nacktszenen rausnimmt! Heute allerdings bedarf der Schnitt keiner inhaltlichen Begründung mehr. Längst ist es üblich, den Abspann wegzuhacken und mit der Einfühlsamkeit eines Magengeschwürs ein Promo-Jingle in den letzten Satz zu hauen. Auch sind kleine Korrekturen von zwei bis fünf Minuten zugunsten der werbetreibenden Industrie inzwischen normal. Gut, da fällt beim Krimi vielleicht mal die Auflösung unter den Tisch, aber dafür erfährt man ja, warum sich Janine, 27, mit Binde beim Damensitzfußball viel sicherer fühlt als beim Bungee-Jumping ohne Tampon. Auch Interessant. Da der durchschnittliche Fernsehredakteur Nachdenken scheinbar sowieso als Behinderung empfindet, kann er sich halt auch nicht vorstellen, daß sich ein Regisseur bei seinem Werk vielleicht etwas gedacht hat. Und wenn man nun mal schon Macht und Schere innehat - wo ist der Sinn, wenn man nicht zeigen darf, wie toll man damit etwas kaputtmachen kann?

Aber vielleicht handelt es sich bei all dem ja doch nicht nur um das Gestümper unsensibler Formatspriester mit dem Kunstverständnis eines kackenden Wildschweins, sondern um die Kompensierung eines alten Beschneidungstraumas: Lieber kastriere ich den Film, als daß der Programmdirektor mir an die Eier packt! Das wäre noch zu verstehen.

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