Kalkofes letzte Worte
Kinder

Wer eines Tages einmal eine erfolgreiche Frau mit nahezu unfühlbar-sportiver Slipeinlage, den weltweiten Wetterverhältnissen strotzender Dauerwelle und eigenem Buisness-Handy werden möchte - oder auch ein erfolgreicher Mann mit nahezu spürbar-soft-shavender Doppelklinge, animalisch geilmachendem Achselschweißhemmer in der Armbeuge und einer eigenen Frau mit cool-coloriertem Fun-Handy - der muß auf dieser Erde zuvor eine langjährige Existentzlehre namens "Kindheit" hinter sich bringen. Denn wie beim Fliesenleger und Bankkaufmann handelt es sich auch bei der Menschwerdung im Grunde genommen um einen klassischen Ausbildungsberuf.

Achtzehn Jahre dauert die Daseins-Schulung bis zum Volljährigkeitsdiplom. Angefangen von simplen Einführungskurs "Wie kriege ich den Brei in die Einfüllöffnung ohne zwei Drittel der Plörre auf meiner Rübe zu verteilen?" über das "Aha, so geht also die Hose auf und der Videorecorder an!"-Seminar bis hin zum häufig überschätzten Pubertätspraktikum, während welchem vom Probanden vor allem die effektive Verwendung eigener bislang eher unspektakulär genutzten Körperregionen und das geräuschlose Ausdrücken von Gesichtsakne gelernt wird.

Scheint das minderjährige Lebewesen in vielerlei Hinsicht für große Teile der industriellen Welt der Großen und Bedeutenden auf den ersten Blick eher uninteressant, so ändert sich dies spätestens durch seinen Eintritt in die Fernbedienungsreife. Ist das Kind erstmals in der Lage, von selbst die "Bumskopp-Rangers" oder die aufgeblasenen Entenärsche im "Disney-Club" abzuzappen, kann man es wenigstens zur Qutenproduktion gebrauchen und ihm außerdem noch das kleine Knuddelhirn schnell und einfühlsam mit überflüssigen Werbebotschaften vollknüppeln. So sitzen denn also desillusionierte Frührentner, alkoholsüchtige Sozialpädagogen und geschiedene Redaktionsassistentinnen zusammen und grübeln zwischen den Kaffeepausen, wie man erfolgreich die Kleinen verarschen kann. Und ehe Mama dreimal gekräht hat, daß "Die Sendung mit der Maus" doch viel lehrreicher ist, liegt schon Barbies neues Freibankpony oder die dritte "Schlümpfe spielen Rachmaninow"- CD im Einkaufswagen. Aber eins sollte man bedenken: Elefanten vergessen nie - und Kinder haben auch ein ganz gutes Gedächtnis. Der hilflose Konsum-Knirps, der heute vom profitgeilen Programm-Macher verblödet wird, ist vielleicht schon morgen dessen Sacharbeiter beim Ausfüllen des Rentenantrages! Gerechtigkeit braucht manchmal eben Zeit...

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