ZÜP und LuftSiG

Die erste Lizenz ist weg !   Lizenzentzug wegen Aufmüpfigkeit

Es ist kaum zu fassen: Ein Pilot wehrt sich mit legalen und rechtsstaatlichen Mitteln gegen die Zuverlässigkeitsüberprüfung nach §7 LuftSiG. Er wehrt sich auf eine Weise, die der zuständigen Behörde anscheinend einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Er erstattet Strafanzeige wegen Nötigung, da er sich ohne rechtliche Grundlage genötigt sieht, einer - auch nach Ansicht unserer Redaktion - grundgesetzwidrigen Ausforschung seiner Person zuzustimmen. Die Behörde knallt daraufhin durch und entzieht dem Piloten mit sofortiger Wirkung die Lizenz.

Das Schreiben des RP-Münster Plätzer steht für sich. Ein gewisser Herr Plätzer lehnt sich hier ganz, ganz weit aus dem Fenster. Da Segel- und Motorseglerpilot Konrad anstatt brav die ZUP zu beantragen sich mit juristischen Mitteln wehrte (Pilot und Flugzeug berichtete) wird ihm die Lizenz mit sofortiger Wirkung entzogen.

Nein, Herr Konrad war nicht in einem Trainingscamp in Afghanistan und er wurde auch nicht beim Platzrundenschrubben mit Mohammed Atta beobachtet. Er fliegt - ohne Vorstrafen und ohne je auffällig geworden zu sein - ein Segelflugzeug und einen Motorsegler und nimmt die Möglichkeiten unseres Rechtsstaates wahr, sich gegen Übergriffe der Behörden zur wehr zu setzen.

Nun ist er in den Augen von Plätzer eine "Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs und damit für die Gesundheit einer Vielzahl von Personen", weswegen ihm mittels Sofortvollzug die Erlaubnis zum Führen eines vielleicht 800 kg schweren Motorseglers entzogen werden muß. Plätzer genügt dafür nach eigenen Worten die "Vermutung, dass berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit [von Herrn Konrad] bestehen".

Es folgt die übliche Androhung von Zwangsgeld und die Aufforderung den Luftfahrerschein bei der Behörde (Zitat "bei mir"!) abzugeben.

Deutschland im Jahre 2005. Es reicht die "Vermutung" eines gekränkten Bürokraten, um einem Bürger den Luftfahrerschein wegzunehmen.

Diese Tatsache bestätigt exemplarisch die Kritik, die wir am LuftSiG üben. Es herrscht die blanke Willkür und keinen kümmert's. Was beim RP-Dresden locker gesehen wird (Pilot und Flugzeug berichtet in Ausgabe 2005/11 über den Fall von Prof. Vogeler), genügt beim RP-Münster für einen Sofortvollzug.

Der RP-Münster eskaliert hier ohne jede Not eine Situation, die höchstrichterlich noch zu klären sein wird. Ein Spruch des Bundesverfassungsgerichtes zum LuftSiG steht noch aus.

Man schießt damit - ohne daß es eine verbindliche bundesweite Verordnunglage zum Vollzug des LuftSiG gibt - weit über die Praxis anderer Regierungspräsidien hinaus. Es drängt sich folglich der Eindruck auf, man wolle es hier einem unbequemen Bürger mal so richtig zeigen. Feuchte Bürokratenträume aus NRW...

Jetzt, spätestens jetzt, müssen unsere Verbände, und damit auch der DAeC begreifen, daß es sich bei der ZUP nicht um eine lästige bürokratische Pflicht handelt, sondern schlicht und einfach um eine Existenzfrage. Wenn die "Vermutung" eines Bürokraten aussreicht, einen unbescholtenen Bürger mittels Sofortvollzug zum Fussgänger zu machen, dann weiß ich einfach nicht auf welche Situation man beim Schmusegeschwaader des DAeC noch zu warten gedenkt, bevor man offensiv die Interessen eines Mitgliedes vertritt.

Das Original-Schreiben des RP-Münster         Quelle:   Jan Brill, Pilot und Flugzeug 06.10.2005



Piloten verweigern Sicherheitsüberprüfung
Luftamt Nordbayern hat seine Not mit Anwendung eines Bundesgesetzes - Bestimmungen fehlen

Das neue Luftsicherheitsgesetz des Bundes ist seit Monaten in Kraft. Es schreibt den Aufsichtsbehörden offenbar zur Terrorabwehr die umfangreiche Sicherheitsüberprüfung aller Berufs- und Privatpiloten vor. Doch die Norm ist unvollständig und stürzt die ausführenden Behörden in Ratlosigkeit - während viele Betroffene verärgert und ablehnend auf den Papierkrieg reagieren.

"Totaler Blödsinn, völlig sinnlos", schimpft Reinhold Röder, der Leiter der Fränkischen Fliegerschule Feuerstein bei Ebermannstadt (Kreis Forchheim), mit 50 000 Starts und Landungen pro Jahr einer der größten Verkehrslandeplätze Bayerns. "Da hat man die Bürokratie auf die Spitze getrieben", wettert Wilhelm Huber, Vorsitzender des Aero-Clubs Nürnberg (220 Mitglieder). Ein Erlanger Privatpilot fühlt sich gar als "verkappter Terrorist" grob diskriminiert.

Alle drei sind Betroffene des neuen Luftsicherheitsgesetzes, das bereits seit dem 15. Januar des Jahres in Kraft ist. Es sieht unter anderem vor, dass alle Piloten, vom alten Hasen mit vielen Tausend Flugstunden bis zum Schüler am Steuerknüppel, einer strengen  Zuverlässigkeitsüberprüfung  unterzogen werden. Dabei werden alle möglichen behördlichen Quellen über den "Luftfahrer" befragt: Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder, Bundeskriminalamt, Zollkriminalamt, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, die Stasi-Unterlagenbehörde.

Ausführendes Organ ist das Luftamt Nordbayern. Dessen Leiter Klaus Kreitinger: "Wir hängen in der Luft, weil Teile der gesetzlichen Grundlage und vor allem eine Durchführungsverordnung fehlen." Dennoch verschickte das Amt schon vor Wochen an alle in Franken registrierten Piloten - 250 Profis, 2725 Private und 300 Flugschüler - einen Brief. Kurioses Prozedere: Aus Datenschutzgründen kann das Amt nicht alle Betroffenen von sich aus bei den Sicherheitsbehörden überprüfen, sondern diese sollen beim Luftamt selbst einen einschlägigen Antrag stellen.

Bisher haben erst gut 60 Prozent auf das Schreiben des Luftamtes reagiert. Behördenleiter Kreitinger muss nun bangen, ob er mit einer Welle von Verweigerungen konfrontiert wird. Jedenfalls haben schon jetzt zahlreiche Piloten schriftlich einen solchen Antrag verweigert. "Manche erklären, dass sie sich nichts haben zu schulden kommen lassen, es fehlt die Einsicht", berichtet der Behördenchef leicht entnervt. Was ihm vor allem fehlt, sind Sanktionsmöglichkeiten gegen Verweigerer. Mit dem Entzug des Pilotenscheins will Kreitinger jedenfalls nicht drohen: "Es wäre die letzte Möglichkeit, jemandem nur deshalb den Schein zu nehmen, weil er keinen Antrag stellt." In einer kuriosen Situation befanden sich auch die 145 Piloten des Nürnberger Aero-Clubs, die ebenfalls Post aus dem Luftamt bekommen haben - obwohl sie allesamt längst maximal sicherheitsüberprüft sind, weil sie Zugang zum Gelände des internationalen Flughafens Nürnberg haben. Hintergrund: Das Luftamt durfte wegen des Datenschutzes nur mit Zustimmung der Betroffenen auf die Informationen zurückgreifen, die es eigentlich schon längst in seinen Akten hatte.

Sollten die Behördenrecherchen bei Verfassungsschützern und obersten Polizeibehörden Bedenkliches über einen Cessna-Piloten zutage fördern, dann wird das Luftamt mit neuen Fragezeichen konfrontiert werden: Welche Straftat und welche Vorstrafe wird dann zum Entzug des Pilotenscheines führen? Amtsleiter Kreitinger zuckt mit den Achseln. "Wegen des fehlenden Kriterienkataloges haben wir ein echtes Problem mit dem Vollzug des Gesetzes."

Deshalb fürchtet beispielsweise Flugschulleiter Reinhold Röder, dass die Behörden über die Pilotenzulassung künftig  willkürlich entscheiden" könnten. Vor allem die geforderten Angaben über die Wohnsitze der vergangenen zehn Jahre erscheinen ihm dubios:  Bin ich dann schon verdächtig, wenn ich einmal im Libanon gewohnt habe oder muslimische Freunde habe?" Als Instrument zur Terrorabwehr kommt ihm das Gesetz ohnehin so vor, als ob man "vor der Bank ein Halteverbot erlässt, um damit Überfälle zu verhindern".

Möglicherweise wird das umstrittene Gesetz nicht mehr lange Bestand haben: Bayern und Hessen haben gemeinsam beim Bundesverfassungsgericht einen Normenkontrollantrag eingereicht. Am 9. November werden die Karlsruher Grundrechtshüter darüber verhandeln und die Norm vielleicht aus den Verkehr ziehen.

Quelle:   Wolf-Dietrich Nahr, Nürnberger Nachrichten 29.09.2005


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