Spanien 2000
Flitterwochen mal ganz anders  -  oder:  La luna de miel y los angelitos amarillos


Die nachfolgende Erzählung ent- spricht den Tatsachen. Es wurde nichts dazu erfunden, aber auch nichts weggelassen.



Wie das eben so ist mit den Flitterwochen - so sollten auch unsere etwas ganz Besonderes werden. Wenn schon mit zwei Monaten Verspätung, dann wenigstens im sonnigen Süden. So beschlossen wir, uns von einem Fliegerfreund einen Campinganhänger zu leihen und nach Spanien, genauer nach Alicante zu fahren. Endziel der Reise mit Wohnwagen sollte Fuentemilanos sein. So starteten wir am 8. Juli 2000 in unser 'gelbes' Abenteuer. Glücklich mit zwei Aufenthalten in Bruchsal und an einer Autobahnraststätte in Südfrankreich erreichten wir am dritten Tag unser Ziel, einen Campingplatz in Villayosa nahe Alicante. Nachdem wir uns dort eingerichtet hatten und die erste Nacht mit dem idyllischen Rauschen des Meeres wunderbar entspannt hatten, machten wir uns am folgenden Tag auf nach Alicante (Claudia hatte hier ein halbes Jahr studiert). Wir stellten unser Auto in einer, na ja sagen wir nicht ganz seriösen Gegend ab und machten uns einen



schönen Tag. Mit kleineren Verlusten hatten wir bereits gerechnet, diese traten dann auch in Form einer gediebten Hängerkupplungsabdeckung und eines auf dem Campingplatz ent- schwundenen Schnappmessers auf. Der Verlust des Messers darf indes keinesfalls als gering eingeschätzt werden, da Swen eine tiefe Männerfreundschaft mit diesem verband, die durch sein unerklärliches Verschwinden jäh unterbrochen wurde. Nun befindet man sich auf einem Campingplatz in der absoluten Notlage selbst kochen zu müssen. Dieses Schicksal ereilte auch uns und schon am folgenden Tag hatte Claudia mit entsprechenden Vergiftungserscheinungen zu kämpfen, deren Überwindung einen halben Tag in Anspruch nahm. Nach diesem mal mehr mal weniger erholsamen Tagen machten wir uns guter Dinge auf den Weg nach Fuentemilanos. Unsere gute Laune und Vorfreude hielt ungefähr 15 km an, bis zu jenem Zeitpunkt, als ein leises Quietschen des Anhängers unsere Aufmerksamkeit weckte.



Nach einem kurzen Stop und der Lokalisierung des Geräusches entschlossen wir uns langsam weiter zu fahren. Kurz darauf mutierte das leise Quietschen zu einem ausgewachsenen Knall und unsere Radnabe machte mit kleinen Qualmwölkchen auf ihr Unwohlsein aufmerksam. Nachdem nun alle Zeichen auf Sturm standen und an eine Weiterfahrt nicht mehr zu denken war, beschlossen wir, uns der Hilfe unserer gelben A??C- Schutzengel zu bedienen. Binnen einer Stunde waren diese in Form eines Abschleppdienstes auch zur Stelle und nahmen unser kleines Gefährt Huckepack. Während ein Engel mit dem Verladen beschäftigt war, muß ein anderer doch noch ein Auge auf einen vorbeifahrenden LKW gehabt haben, der einen riesigen Stahlträger verlor, der unser noch intaktes Auto nur um Zentimeter verfehlte und in die Böschung raste. Unser Abschleppengel brachte uns nach Alicante zurück, das wir kurz vorher mit einem etwas verklärtem Gesichtsaus- druck "wer weiß wann wir dich wiedersehen" verlassen hatten (schneller als uns lieb war).



Der Abschleppdienst brachte uns zu einem Campinghändler. Diesen bezeichneten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch schnöde als solchen, als uns ein gelackter unfreundlicher Geschäftsführer, der sein vollklimatisiertes Büro unter keinen Umständen ver- lassen wollte, darauf aufmerksam machte, er sei ausschließlich Alko-Händler. Vielen Dank ! D.h. er verkündet aus 10 m Entfernung zu unserem Hänger, aus eben diesem Büro, uns sei auf iberischer Erde so und auch so nicht zu helfen, da er weder über entsprechendes Werkzeug, noch über das entsprechende Spezial- wissen verfüge. Weder mit Freundlichkeit noch mit Wehklagen war er zum Verlassen seiner Kältekammer zu bewegen. Dafür wurden wir in regelmäßigen Abständen darauf hingewiesen, daß das Allerheiligste um 14.oo Uhr zur Siesta fluchtartig zu verlassen sei. Wenigstens ließ man sich dazu breitschlagen, unser Handy zur elektrischen Nahrungsaufnahme in Pflege zu nehmen. Unser gelber Engel wurde indes etwas ungeduldig, da wohl unzählige Andere auf seine Hilfe warteten, nachdem man Swen, einem Fast-Ingenieur, nun auch noch erklärte, er wisse ja gar nicht wie unheimlich kompliziert eine Bremse sei, fanden wir uns am Ende unseres Latain. Unser gelber Engel schlug nun auch noch heftig mit den Flügeln und erklärte, er habe nicht den ganzen Tag Zeit und wir müßten uns nun für Mitnehmen oder Abladen in der Höhle des Alko-Löwen entscheiden.



Mitnehmen hatte den Nachteil, daß man uns nicht so recht die Adresse der Werkstatt sagen konnte und das wir in fünf bis sechs Tagen erfahren sollten, wie zu verfahren sei. Wo wir bis dahin bleiben sollten, konnte uns niemand so recht sagen. Ja und Abladen hatte den Nachteil a) Geschäftsführer und b) wie soll

das mit der Reparatur laufen?!
Wir entschieden uns für den Alko-Löwen und so machten wir uns auf zur Werkstatt-Odyssee. Nach unseren einschlägigen Erfahrungen mit den Händlern von Markenware, wie unser Alko- Löwe, entschieden wir uns, unser Glück mit einer freien Werkstatt zu versuchen. Diese fanden wir auch nach kurzer Zeit. Leider verfügte sie nur über vorsintflutliches Werkzeug, so daß sich schon nach wenigen Versuchen zeigte, daß es völlig unmöglich war, mit einem 19er Schlüssel, eine 17er Radmutter von der Nabe zu lösen. Angesichts dieser viertklassigen Werkstatt entschlossen wir uns, zur guten alten deutschen Wertarbeit zurückzukehren und hielten unterm Sternenhimmel Einzug. Ein netter junger Mann dort machte uns begründete Hoffnung helfen zu können. Da es aber Zeit für die Siesta war, schickte man uns erst einmal für zwei Stunden in die Stadt.



Nach unserer Rückkehr erklärte er uns, er habe mit seinem Boss gesprochen und sei nun leider doch nicht in der Lage uns zu helfen. Schließlich handelt es sich um einen Markenhändler, der nicht jedem dahereiernden Bastei-Hänger seine Fähigkeiten angedeihen lassen könne. So setzten wir unsere Suche fort und fanden alsbald die nächste (freie) Werkstatt. Nach einiger Überzeugungsarbeit gelang es uns dann auch den Mechaniker dazu zu bewegen, seinen Lehrling das Werkzeug holen zu lassen. Beim Anblick des Werkzeuges schoß uns erneut das Wasser in die Augen. Dem Mechaniker schoß unterdessen der Schweiß aus allen Pooren, beim Versuch das Rad zu demontieren. Als kleine Motivationshilfe, ließen wir uns zu der Bemerkung hinreißen, daß dies nur eine Reparatur sei, die uns bis nach Madrid bringen sollte und nicht nach Deutschland. Diese Anmerkung zeigte ungeahnte Wirkung bei unserem Helfer. Er ließ sein Werkzeug fallen, rüttelte beherzt am Rad, schaute uns tief in die Augen und sprach: "Es sind nur 400 Kilometer bis Madrid. Fahrt schön langsam!" Also eierten wir mit maximal 20 km/h zur nächsten Werkstatt. Auf diesem kurzen Stück verloren wir unser Stützrad, das einem Moped-Fahrer fast das Moped gekostet hätte. Werkstatt Nummer 5 war durch wesentlich mehr Elan geprägt. Dort wo unser Gefährt zum stehen kam, wurde sofort mit ersten Wiederbele- bungsversuchen begonnen. Unglücklicherweise auf so dilletantische Weise, das der Hänger mehrmals vom Wagen- heber stürzte. Da hieß es schnell Füße weg! Auch hier scheiterte man nach ein paar glücklosen Anläufen die Muttern zu lösen und verwies uns an die nächsten 'Experten'. Auf dem Weg dorthin, lächelte uns das blaue Logo eines großen Wolfsburger Autokonzerns an. Da blau bekanntlich glücklich macht, stoppten wir und versuchten eine neue Taktik. Anschleichen ohne Hänger, gezielte Fragestellung ohne genaue Benennung des Corpus Delikti, plus hilflosen Hundeblick. Volltreffer: Positive Reaktion. Bis zu der Sekunde, als unser Hänger die Werkstatt-Tore passierte. Da es sich um kein Produkt der Markenfamilie handelte, sei man außer stande uns zu helfen, da das Werkzeug nur 'New Generation'-kompatibel sei. Da uns das gleiche Schicksal auch beim benachbarten Seat-Händler ereilte, suchten wir uns ein 'lauschiges' Plätzchen inmitten des Gewerbegebietes und kontaktierten erneut die Gelben



Engel. Die Damen des gelben Callcenters standen uns mit wirklich nützlichen Ratschlägen, wie "Setzen Sie Ihre Frau doch in ein hübsches Café, wir werden einen authorisierten Bastei-Händler für Sie finden" zur Seite. An dieser Stelle wurde uns klar: Die Mädels wissen wirklich nicht wovon sie reden, denn Bastei-Händler gibt es seit zehn Jahren auch in Deutschland nicht mehr. Zwischenzeitlich gab unser Handy mangels Akkukapazität den Geist auf und wir kehrten zu dem bereits bestens bekannten Seat-Händler zurück, der sich dann auch bereit erklärte unsere Handy mit seinem Strom zu verknüpfen. Glücklicherweise ist die Kommu- nikationstechnik in Fragen der Kompatibilität weiter und es gab keinerlei Probleme. Am nächsten Morgen wollten sich die Engel früh bei uns melden und Ergebnisse nennen. Eine lange Nacht ohne Strom und Wasser in dunkler Gegend stand uns bevor. Am Tag danach schwieg das Telefon. Wir kontaktierten die Gelben Engel erneut und erfuhren, das die Suche nach einem Bastei- Händler wohl so zermürbend war, das unsere Ansprechpartnerin just in den Urlaub gegangen war.



Trotzdem gelang es uns einen weiteren Herren zu mobilisieren und mittels unseres Verhand- lungungsgeschickes dazu zu bewegen, sich erneut mit unserem Fall zu befassen. Nach längeren Diskussionen und der ermutigenden Aussage, daß man im Falle eines Huckepacktrans- portes nur 300.00 DM überneh- men würde (von gesamt 2.200 DM, denn verhängnisvoller Weise war inzwischen Wochenende und die Arbeitslöhne entsprechend höher) erklärte man sich erneut bereit uns einen Abschleppdienst zu schicken. Es war der selbe Herr, der uns schon einen Tag zuvor von der Autobahn geholt hatte und der am Ende des vergangenen Tages wohl ziemlich froh gewesen war, uns nie wiedersehen zu müssen. Aber so spielt das Leben und er nahm unseren guten alten Basteihänger erneut Huckepack. Zunächst fuhren wir in seine Werkstatt, in der er ein intensives Kartenstudium vornahm und uns mitteilte, daß 13:00 Uhr Siesta sei und wir uns dann einen Rastplatz suchen würden. Damit begann die Reise. Wir fuhren in Kolonne Richtung Madrid. Nach 50 km setzte unser Fahrer den Blinker rechts und schickte sich zum Halten an. Warum war zu diesem Zeitpunkt nicht ganz klar, denn weder war es schon 13:00 Uhr noch konnte der Sprit zu Ende sein. Als wir ausgestiegen waren, teilte er uns mit, daß sein Boß soeben angerufen habe und ihm mitgeteilt hat, daß die Voucher, die wir ihm übergeben haben,

die falschen wären und wir könn- ten unsere Reise nur fortsetzen, wenn wir noch andere, den Sachverhalt betreffende Doku- mente, hätten. Wir kontaktierten



erneut die gelben Engel und durften uns erst einmal eine Standpauke anhören, wie wir dazu kämen dem Fahrer die falschen Voucher auszuhändigen. Das ging eindeutig zu weit - denn wer soll in dem Kauderwelsch der Voucher den richtigen finden, wenn nicht der Leistungspartner der gelben Engel, also Leute die täglich damit zu tun haben. Aber wir hatten Glück und unser Heft gab noch die entsprechenden Unterlagen her und der Transport konnte fortgesetzt werden. Keine Stunde später war es Punkt 13:00 Uhr. Keine Ahnung, ob der Fahrer das berechnet hatte oder ob es purer Zufall war: Just in diesem Moment tauchte auf der rechten Seite eine Raststätte auf und die Siesta konnte beginnen. Nach einer Stunde Mahl konnte es weiter gehen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß das Essen wirklich vorzüglich war und das Fleisch lecker auf dem Holzkohlegrill zubereitet wurde. Diese Stärkung konnten wir auch wirklich gebrauchen. Während der insgesamt 400 Kilometer Strecke erlebten wir auch den Stadtverkehr von Madrid, der von zigspurigen Stadtautobahnen geprägt ist und Fahranfängern nicht empfohlen werden kann. Danach folgte die Querung der Sierra de Guaderama. Wir wußten, daß es zwei Wege nach Fuente gibt und entschieden uns für den Kürzeren und Billigeren (kein Maut).



Tragischerweise führte dieser direkt über einen 2000 Meter Paß. Auch dort bewahrheitete sich das Gesetz: "Was man an Weg einspart, muß man an Kraft zugeben." Sowohl Motorkarft, als auch Nervenstärke. Aber jedes Gebirge ist irgendwann einmal zu Ende und es folgt eine unendlich weite Ebene an deren Ende das Flugplatz-Mekka von Fuentemi- lanos liegt. Unser Fahrer dazu genervt: "Ich dachte wir kommen nie an." Wir reservierten für uns und Senor Barwick einen Platz am Airport-Pool und dachten jetzt kann der Urlaub beginnen.



Zwei Tage sah es auch wirklich gut für uns aus, bis wir uns ohne Anhänger (der sollte ja in Fuente bleiben) nach Montroix del Camp an der Ostküste Spaniens auf- machten. Unser Octavia fuhr und fuhr, bis sich ein leises Klappern einstellte. Zuerst versuchten wir mit Ignoranz das Radio lauter zu stellen. Als dies auch nicht mehr half, entschieden wir uns zu halten und doch einen Blick zu riskieren. Wir konnten unseren Augen kaum trauen, als an der Unterseite des Autos Teile unseres Keilriemens in Streifenform zu Tage traten und sich schnell eine kleine Wasser- lache bildete. Die gelben Engel erneut zu behelligen trauten wir uns nicht und so erinnerten wir uns an unsere europaweite Mobilitätsgarantie und beschlossen Skoda zu rufen. Nach einer Stunde machten wir dann Bekanntschaft mit dem zweiten spanischen Abschlepp- Unternehmen. Der besah sich den Keilriemenschaden und bat uns, mangels eigenem Werkzeug, um ein Messer. Damit schnitt er das abhängende Stück Gummi ab und sprach: "Das geht jetzt wieder. Bis zur nächsten Werkstatt im 80 km entfernten Tarragona hält der noch." Die Wasserlache unter dem Auto stammte glücklicherweise nur vom Kondenswasser der Klima- anlage. Wir sollten hinter ihm herfahren, damit er uns auf den richtigen Weg bringen könne.



Hinter ihm herzukommen erwies sich als relativ schwierig, da sein Fahrstil dem der sprichwört- lichen gesenkten Sau nahe kam. Da die Werkstatt bereits geschlossen hatte, übernachteten wir bei Freunden in Montroix del Camp, um am nächsten Tag zur Werkstatt zurück zukehren. Dort hatte man natürlich keinen passenden Keilriemen auf Lager und wir wurden auf den nächsten Tag vertröstet. Das am selben Abend im Ferienhaus unserer Freunde die Wasserpumpe den Geist aufgab, nahmen wir nur als weiteres Zeichen unserer nicht enden wollenden Glücksträhne. Nach mehr als 72 Stunden war unser Octavia dann auch wieder einsatzbereit und wir konnten die Heimreise ohne weitere Katastrophen antreten. Was wir erst erfuhren nachdem wir wieder zu Hause waren: Zwei Tage nach unserer Abreise wurde im Haus unserer Freunde eingebrochen. So konnten wir uns unser wieder- gefundes Glück nur mit der Tatsache erklären, daß wir unser Pech wohl in Spanien zurückgelassen hatte.



Dieser Urlaub war zwar nicht besonders erholsam, aber doch äußerst lehrreich. Claudia sprach viel spanisch und lernte viele neue (Ersatzteil- und Werkzeug-) Vokabeln und wir wissen heute, daß Deutschland im Gegensatz zu Spanien eher keine Servicewüste ist. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an die gelben Engel, die sich nach 3 Monaten doch noch entschließen konnten uns ihre Hilfe nicht in Rechnung zu stellen, an Skoda mit Ihrer Mobilitätsgarantie sowie an unsere "Abschlepper", die wirklich viel Geduld mit uns hatten und natürlich an unsere Freunde, die nicht daran glaubten, daß unsere Pechsträhne übertragbar wäre. Wirklich gut verdient hat unser Mobilfunkprovider, der allein die zig Telefonate mit den gelben Engeln mit 240 DM berechnet hat.

In diesem Sinne:  
Hasta la vista
en España.

    bunte Bilder  

nach oben

  
drucken   |   gästebuch   |   kontakt   |   impressum