Kalkofes letzte Worte
Die üblichen Verdächtigen

Kennen Sie diese Situation: Sie wollen sich einen lauwarmen Kaffee aus der betrieblichen Herstellungsanlage für Magenkrebsgeschwüre holen, treffen dort einen weitläufigen Kollegen und beginnen eine jener unverbindlich sinnentleerten Konversationen - auch liebevoll "Pläuschchen" oder "dummes Geschwätz" genannt - um auf heitere Weise die quälend lange Zeit der plorrigen Tassenfüllung zu überbrücken. Da plötzlich, zwischen "Wie geht´s?" und Wetter, fällt der Satz: "Gestern lief vielleicht ein Scheiß im Fernsehen!" - und ohne weitere Informationen denkt man: "Hat der Koschwitz denn schon wieder eine neue Show?" Das ist eine ganz einfache Assoziationskette, wie bei Pawlows Köter: schlechte Show, Koschwitz, "Hamster TV", Schwindelgefühl, Klingeln im Kopf, Speichelfluß - und schon steht man da, sabbert auf den Teppich und hat Appetit auf Würstchen.

Dabei weiß man gar nicht, ob er die erwähnte Sendung wirklich begangen hat. Vielleicht hat Koschi ja ein Alibi, saß zu Hause und stopfte sich Erdnüsse in die Backen. Aber man vermutet es erst einmal, nur weil er wegen diverser minderwertiger Unterhaltungsverbrechen vorbestraft ist. Das ist unfair. Tragischerweise leiden viele unter solchen Vorurteilen. Wenn einer sagt: "RTL hat so eine gefloppte Show abgesetzt", lautet die Erwiderung: "Was hat Frank Elstner denn schon wieder gemacht?" Meint jemand: "Ich habe am Wochenende ´Verstehen Sie Spaß´ mit Dieter Hallervorden gesehen", antwortet man betroffen: "Oh mein Gott, das tut mir leid." Und wenn ein Mann behauptet: "Verona Feldbusch, das ist doch eine charmante, clevere junge Dame!", dann weiß man über ihn: geil und taub, aber gute Augen! Selbst wenn die brünette Blondine eines Tages zufällig beim Kochkurs die Formel für Gold aus Pfanni-Knödeln entdeckte, niemand würde ihr glauben - nur weil es nicht ins Klischee paßt.

Von Lippert erwartet man einfach dusseliges Grinse-Gebrabbel mit gelegentlichen Grapschgriffeinlagen, da wäre man enttäuscht, wenn der die Hand in der eigenen Hose ließe. Man wäre als Zuschauer irritiert, von Elmi Hörig einen Witz mit Pointe zu hören oder von Babsi Eligmann eine Geschichte, die wahr ist.

Stellen Sie sich nur einmal vor, das ZDF würde eine Sendung machen für Leute unter 75, die ARD nicht über Geldmangel jammern, oder Jürgen Fliege nicht pausenlos schleimige Betroffenheit heucheln - dann könnte man den ollen Schweinepriester wahrscheinlich überhaupt nicht mehr ertragen! Manchmal können Klischees eben auch schützen.

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