Kalkofes letzte Worte
Dem Daumen sei Dank !

Glaubt man den neuesten Theorien führender Anthropologen, so liegt die vermeintliche geistige Überlegenheit des Menschen begründet in der Entwicklung seiner Hände. Genauer gesagt in der Erfindung des Daumens! Denn erst dieser kleine schräge Gnubbelfinger erlaubte es dem Homo sapiens, am Straßenrand Pkw heranzuwinken, mit der Carrera-Bahn zu spielen und das Chateaubriand ordentlich mit Messer und Gabel zu verspeisen. Die Möglichkeit, endlich Gegenstände greifen und bearbeiten zu können, forderte wiederum so lange das träge in der Halsendmurmel ruhende Gehirn zum Denken, Basteln und Entwickeln auf, bis sich daraus eines Tages jener intelligente und grundlos begabte Mensch von heute entwickelte, den wir alle so schätzen und lieben.

Schaut man einmal ein paar Evolutionsstufen zurück und betrachtet beispielsweise den Holländer, so scheint sich diese Theorie zu bestätigen. Erst die Anwesenheit des Daumens ermöglichte das Zählen größerer Mengen Bargeldes und führte somit zur Entwicklung lukrativer TV-Formate. War es kürzlich noch der Skandal-Schnarcher "Big Brother", der es den Tomatenmördern ermöglichte, sich den Gouda zu vergolden, so haben die kreativen Käse-Kokser schon längst genügend Nachfolger aus dem abgefilmten Streichelzoo in petto: ein Haufen Humpel auf einer einsamen Insel, blasenkranke Monatskarten-Eumel in einem Bus inklusive defekter Chemo-Toilette, vier Männer und eine Frau eine Woche aneinandergekettet, usw.

Das Fernsehen als Untersuchungshaft, der Kandidat als Insasse, die Welt als videoüberwachtes Parkhausdeck – durchaus hübsch, aber da ließe sich doch sicherlich noch mehr machen: z. B. "Siam Twins" – eine an Rübe und Rektum mit Sekundenkleber aneinander geleimte Gruppe Spaßvögel muss acht Wochen lang durch den Harz wandern, und jeden Sonntag wird abgestimmt, wer wegamputiert wird. Gegebenenfalls könnte man für RTL II stattdessen auch ein paar Schniedelwülste und Brustwarzen zusammentackern, damit es ins Format passt.

Nach 22 Uhr wäre dort auch "Dirty Dozen" denkbar: Eine bewaffnete Blondine und elf verurteilte Sexualstraftäter mit Viagra-Überdosis werden in einen Geräteschuppen gesperrt. Für jedes abgelegte Kleidungsstück bekommt sie eine scharfe Patrone, höchstens jedoch zehn, und wer übrig bleibt, gewinnt einen Flug mit dem Herzblatt-Hubschrauber. Oder "Fisherman’s Friends": zehn schnorchelnde Rentner unter Wasser beim Kreuzworträtsel lösen – Sieger ist, wem als letztes die Haut abpellt. Fernsehen kann so viel Spaß machen, wenn andere leiden! Und wenn wir erst begreifen, wie leicht man mit dem Daumen an den Abschaltknopf kommt… unserer Entwicklung sind keine Grenzen gesetzt!

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