Kalkofes letzte Worte
Die Erde aus der Dose

Ich weiß nicht, ob Sie es schon mitbekommen haben, aber Hannover, jene beschauliche kleine Messe-Gemeinde im Herzen von Niedersachsen, will demnächst endlich mal so richtig auf die Kacke hauen und voll die Hauptstadt raushängen lassen. Dann ist dort nämlich die Welt zu Gast – und das ist schon mal nicht schlecht für einen, der sonst nicht so oft Besuch bekommt. Außer vielleicht einmal im Jahr von ein paar testosterongefluteten Hobby-Alkoholikern in der Midlife-Crisis, die sich als CeBIT-Vertreter getarnt nachts durch die Fußgängerzone saufen und benehmen wie ein Stoßtrupp pubertierender Klingonen auf Klassenfahrt.

Aber jetzt kommt die EXPO, dann ist Schluss mit popelig! Da wird die große Welt aus dem Einmachglas geholt und im Terrarium ausgestellt, damit alle sie mal sehen können, die sonst nicht hinkommen. Jedes Land darf mit dem Wohnmobil anrollen, eine Fressbude aufstellen und eine eigene Folklore-Gruppe um den Grill tanzen lassen. Und alle anderen Nationen dürfen ebenfalls rudelweise anrücken, sich an den Wurstbuden rund um die Erde fressen und darüber lästern, was für dicke Schenkel doch die Tänzerinnen der Nachbarstaaten haben. Tolle Idee!

Und wirklich alle machen mit… na gut, außer vielleicht der DDR, aber dafür gibt es ein Videozelt, wo den ganzen Tag "Big Brother" läuft. Und die USA kommen auch nicht, aber das fällt bestimmt gar nicht so doll auf, wenn man es nicht jedem erzählt und einfach den Globus halbiert. Irgendwie schon schade, aber die Amis waren halt beleidigt, dass man ihnen nicht wie üblich die Exklusivrechte für den Wiederaufbau der Stadt nach der EXPO überlassen wollte.

Ja, man wird demnächst eine Menge hören von Hannover, vor allem im Verkehrsfunk. Und natürlich im Fernsehen. Ich freu mich schon auf Fritzi Egners "Die witzigsten Weltausstellungen der Welt-Welt" bei Sat.1 oder den großen EXPO-Tag bei RTL II: Marathon-knattern-all- over-the-world-featuring-die-größten-Titten-der-Nationen. Endlich ist die Welt wieder ein Thema! Bleibt trotz allem die Frage: die Erde gegen Eintritt als Schaubuden-Konzentrat – okay, aber wo ist da die Pointe? Will Hannover wirklich von noch mehr dösigen Touristen heimgesucht und ausgelacht werden? Oder ist der Masterplan einfach, auf einen Schlag soviel Hannoveraner wie möglich zu vergraulen, um endlich einen Neuanfang zu wagen und die Eingeborenen heimlich durch flüchtige Düsseldorfer und Exil-Hessen zu ersetzen? Keine Ahnung – aber ein Gutes hat es. Sollten in nächster Zeit feindlich gesinnte Außerirdische landen mit dem Begehr, die Welt zu erobern oder nur mal so zu zerbröseln: Man kann sie einfach nach Hannover schicken!

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